InterviewNachhaltiges Tagen und Green Events sind Topthemen in der Veranstaltungsbranche und werden kontrovers diskutiert. Ökologische und soziale Verantwortung spielen auch hier eine zunehmende Rolle. Doch wie sieht die „grüne“ Zukunft in der Meetingindustrie wirklich aus?

Ein Gespräch mit Torsten von Borstel – er hat als Initiator von mygreenmeeting innerhalb der Veranstaltungsbranche Pionierarbeit geleistet und das Green Note Siegel entwickelt. Von Borstel ist außerdem als Experte im Green Guides-Netzwerk tätig.

InterviewNachhaltiges Tagen und Green Events sind Topthemen in der Veranstaltungsbranche und werden kontrovers diskutiert. Ökologische und soziale Verantwortung spielen auch hier eine zunehmende Rolle. Doch wie sieht die „grüne“ Zukunft in der Meetingindustrie wirklich aus?

Ein Gespräch mit Torsten von Borstel – er hat als Initiator von mygreenmeeting innerhalb der Veranstaltungsbranche Pionierarbeit geleistet und das Green Note Siegel entwickelt. Von Borstel ist außerdem als Experte im Green Guides-Netzwerk tätig.

Wie steht es Ihrer Meinung nach derzeit um das Thema Nachhaltigkeit?
Wir machen das nun seit über fünf Jahren. Als wir seinerzeit das Kompetenznetzwerk mygreenmeeting gründeten, waren wir die einzigen in der Branche, die praktikable Lösungen zur Realisierung nachhaltiger Events anboten. In vielen Unternehmen gab es damals noch nicht mal Ansprechpartner für das Thema. Oft hörten wir den Satz: „Marketingbudgets sind knapp bemessen, Öko-Catering ist da nicht drin“. Das hat sich mittlerweile deutlich geändert, weil die Relevanz für Corporate Social Responsibility (CSR) durchaus wahrgenommen wird. Zahlreiche Unternehmen haben inzwischen erkannt, das zu einer ganzheitlichen CSR-Strategie die verantwortungsvolle Umsetzung von Veranstaltungen dazu gehört.

Das heißt, Green Meetings werden zur Normalität?
Noch sind wir nicht soweit. Meines Erachtens wird noch immer zu viel über die Probleme geredet, die durch die Implementierung von Nachhaltigkeit entstehen – statt Lösungen aufzuzeigen, die transparent und ökonomisch sind. Sicher, Deutschland ist auf einem guten Weg und nimmt eine Voreiterrolle ein. Doch mangelt es noch immer an fachkundigem Wissen. Planer sind schnell überfordert, weil sie sich in Details verzetteln. Zudem fürchten sie etwaige Mehrkosten. Was viele nicht wissen: Eine nachhaltige Ausrichtung von Events kann sogar Kosten einsparen. Die Kunst liegt darin, den richtigen Rahmen zu finden. Sprich: welche Parameter beziehe ich mit ein und welche lasse ich weg, damit der Aufwand überschaubar bleibt. Es ist z.B. wenig sinnvoll, wieder verwendbare Badges zu verteilen, wenn alle mit dem PKW anreisen. Auch der soziale Aspekt und die Kostenkontrolle kommen meines Erachtens meistens zu kurz. Nur wenige planen ein Event so, wie die ISO-Norm 20121 es vorgibt: Plan, Do, Check, Act.

Wie steht es um Kostenkontrolle und Transparenz?
Ein derzeit heiß diskutiertes Thema. Hier fehlt es an geeigneten Tools und relevanten Zahlen. Kaum ein Kongresscenter misst bspw. die Verbräuche während einer Veranstaltung, weil der Kunde ohnehin eine Pauschale für Strom und Wasser zahlt. Wir empfehlen stets: messen und kontrollieren. Hierfür ist es notwendig, Verantwortliche zu benennen, die regelmäßig Kennzahlen erfassen und vergleichen: Wie viel habe ich z.B. eingespart, wenn ich die Beleuchtung auf LED umstelle und wie sind die Amortisationszeiten? Die ökonomische Seite von Green Meetings wird noch immer sträflich behandelt. Nachhaltigkeit findet aber erst dann mehr Akzeptanz, sobald sie messbar ist. Und was die Transparenz angeht: 2013 haben wir die Green Score Card entwickelt – ein online-basiertes Tool, mit dem Sie Green Meetings planen, bewerten und transparent darstellen können. Die Green Score Card zeigt Ihnen am Ende eine detaillierte Bewertung der CO2-Relevanzen, die anhand eines Green Note-Siegels dargestellt werden kann.

Was steckt hinter dem Green Note Siegel?
Mit diesem Siegel zeichnen wir ausschließlich Events aus, die besonders Ressourcen schonend durchgeführt wurden. Hierfür werden neben der CO2-Relevanz eine Vielzahl weiterer Kriterien wie etwa ein schlüssiges Umweltkonzept oder die Verwendung nachhaltiger Tagungsunterlagen analysiert. Dabei werden alle Gewerke miteinbezogen. Über ein Punktesystem – der Auszeichnung von Haushaltsgeräten ähnlich – wird anschließend die gesamte Veranstaltung bewertet. Es können verschiedene Güteklassen (von A bis C) erreicht werden. Alle nachhaltig umgesetzten Maßnahmen (ökologisch und sozial) werden dokumentiert und vor Ort kommuniziert. Das schafft Transparenz und Glaubwürdigkeit. Eventausrichter können das Green Note-Siegel in ihrer gesamten Veranstaltungskommunikation einsetzen. Inzwischen haben über 25 Unternehmen das Siegel erhalten. Darunter auch die Deutsche Zentrale für Tourismus, die DKB AG, Roche Diagnostics uvm.

Regie: bitte in einen Kasten setzen Wie funktioniert die Green Score Card?
Die Green Score Card ist ein praxisorientierter Leitfaden für die Umsetzung und Durchführung von Green Meetings. Die online basierte „Checkliste“ mit 13 Handlungsfeldern und über 200 nachhaltigen Maßnahmen führt den Anwender durch alle relevanten Bereiche eines Green Meetings, zeigt Alternativen und Optimierungsmöglichkeiten auf. Sie wird inzwischen in Eventabteilungen großer Unternehmen eingesetzt. Auch die Liederhalle Stuttgart setzt erfolgreich die Green Score Card ein. Für Norbert Hartmann, Leiter der Liederhalle, ist die Green Score Card ein hervorragendes Tool, um Veranstalter zu unterstützen, ihre Events bewusster und nachhaltiger zu planen. Deshalb bietet die Liederhalle diesen Service für ihre Kunden kostenfrei an. „Die Green Score Card ist ein Gewinn für Umwelt, Image und Budget – wir freuen uns, dass sie bereits von mehreren Veranstaltern eingesetzt wurde“, betont Hartmann.

Welche Leistungen bieten Sie außerdem an?
Innerhalb der letzten Jahre wuchs auch die Nachfrage im Bereich nachhaltiger Tourismus und Kommunikation stetig. Darum haben wir mit Experten aus dem Nachhaltigkeitssektor das interdisziplinäre Netzwerk Green Guides ins Leben gerufen. Wir unterstützen Kongresshäuser, Hotels und Unternehmen bei der Planung und Umsetzung umweltverträglicher Events, die langfristig einen ökonomischen Mehrwert sichern. Daneben bieten wir Coachings, Seminare, detaillierte Leitfäden und Nachhaltigkeitskommunikation an – bis hin zum CSR-Bericht.
Mittlerweile geht es nicht mehr nur um Green Meetings – es zeigt sich, dass CSR ein Innovationstreiber ist und neue Chancen birgt. Darum konzipieren wir zukunftsweisende Kampagnen und Konzepte, die aufzeigen, wie Unternehmen aus der Veranstaltungsbranche Nachhaltigkeit mit ihrem Kerngeschäft verbinden können.

Gibt es dafür universelle Lösungen?
Keinesfalls. Ob Kongresscenter, Hotel oder Unternehmen – die Aufgabenstellungen sind stets individuell. Darum gibt es keine vorgefertigten Lösungen, die für alle gelten. Einige haben bspw. schon begonnen, Nachhaltigkeit in ihre Kernprozesse zu integrieren. Andere fangen ganz von vorne an. Dann bieten wir zunächst einen Workshop, der alle verantwortlichen Mitarbeiter für das Thema sensibilisiert, einzelne Handlungsfelder und Einsparpotentiale aufzeigt. Meist erarbeiten wir gemeinsam mit dem Kunden detaillierte Leitfäden, die praxistauglich sind und als Richtschnur für „grüne“ Veranstaltungen“ gelten. Uns ist es wichtig – jenseits von Zertifikaten – den Weg aufzuzeigen, der zu mehr Nachhaltigkeit führt, ein abstraktes Thema greifbar macht sowie zum Mitmachen motiviert. Unser Ziel ist es außerdem, Veranstaltern mehr Sicherheit und eine klare Richtung für nachhaltige Aktivitäten zu geben. Und zu zeigen, dass man durch einfache Maßnahmen schon viel erreichen und Kosten einsparen kann.

Wohin geht Ihrer Einschätzung nach die Reise?
Mittlerweile ist ein Green Meeting nicht mehr nur ein Green Meeting. Viele unserer Kunden aus der MICE-Branche haben mit der Umsetzung nachhaltiger Veranstaltungen begonnen und merken jetzt, dass es sich auf viele Teilbereiche des Unternehmens auswirkt. Und Mitarbeiter sind die Basis für eine funktionierende Nachhaltigkeit. Dementsprechend ist es wichtig, alle am Unternehmen beteiligten mit auf die Reise zu nehmen. CO2-Reduktion, Ressourcenschonung und soziales Handeln sind ein dynamischer Prozess – keine statische Lösung. Ich denke, jeder sollte einfach damit anfangen, alle weiteren Steps ergeben sich automatisch. Wie heißt es so schön: Lieber auf neuen Wegen stolpern, als in den alten Bahnen auf der Stelle treten.

Auszug Interview

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